Irgendwie klingt diese Frage sonderbar. Die erste Reaktion jedes
einzelnen ist selbstverständlich „NEIN!“, Hunde kann man gar nicht genug
lieben!“. Man kann nicht zu sehr lieben, das geht per
Definition nicht. Was ist jedoch, wenn das was wir so salopp als
„Liebe“ bezeichnen, in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist?
Was genau ist denn Liebe überhaupt? Nach Duden und Wikipedia handelt
es sich dabei in erster Linie um ein ganz besonders starkes Gefühl, um
eine innere Haltung tiefer Verbundenheit. Sie ist die
Bezeichnung stärkster Zuneigung und Wertschätzung. Ein Gefühl also,
etwas was in unserem Kopf und in unserem Herzen stattfindet. Das Gefühl
der Liebe ist das Grösste und Schönste überhaupt.
Die Liebe veranlasst uns, für das geliebte Wesen ganz besondere
Anstrengungen zu unternehmen. Wenn ich für meinen Hund also z.B. etwas
besonders Leckeres zu Essen zubereite, geschieht dies ganz
sicher aus einem Gefühl tiefer Liebe heraus. Das Essen an sich hat
jedoch mit Liebe nichts zu tun. Wenn mein Hund das Essen dann nicht
essen möchte, tut er dies nicht, weil er mich nicht liebt,
oder weil er meine Bemühungen nicht zu schätzen weiss. Er mag es
vielleicht nicht, oder er hat ganz einfach keinen Hunger. Ich kann aus
seinem Verhalten also nicht auf seine Liebe oder
Wertschätzung mir gegenüber schlussfolgern, das wäre total unfair!
Ganz ähnlich verhält es sich auch bei der Erziehung meines Hundes.
Ich liebe meinen Hund, also möchte ich ihm eine gewaltfreie und
artgerechte Erziehung angedeihen lassen. Dies bedeutet aber
nicht, dass es keine Grenzen gibt. Mein Hund braucht trotz - oder
vielleicht gerade wegen - meiner grossen Liebe zu ihm, eine sichere
Führung. Er braucht Grenzen und Regeln damit er sich in
unserer Welt gefahrlos und sicher bewegen kann.
Ein Widerspruch?? Nein, keines Falls! Wer sich mit Hunden
beschäftigt weiss, dass Hunde unter ihresgleichen sehr klare soziale
Regeln befolgen. Es gibt Hierarchien, und soziale Gefüge die jeder
Hund kennt, versteht und problemlos akzeptiert. Wenn ein Hund zu
seinem Menschen kommt erwartet er, dass dieser ihm zeigt, was seine
Aufgabe in ihrem gemeinsamen Leben ist. Er will Hilfe und
Führung, er will lernen und verstehen und es ist die Aufgabe des
Menschen, ihm das alles zu zeigen. Wenn ich nun also meinen Hund -
einfach „weil ich ihn so sehr liebe“ -
nicht führe und ihn damit mehr oder weniger sich selbst überlasse, hat
das mit Liebe absolut nichts zu tun. Im Gegenteil! Ich nehme ihm damit
die Möglichkeit, mit
allen Lebewesen die ihm in seinem Leben begegnen, sicher und
fröhlich zu interagieren. Ganz ungewollt mache ich ihn damit zu einem
Aussenseiter, den keiner so richtig mag und mit dem man lieber
nichts zu tun hat.
Wenn ich also das nächste Mal etwas „aus Liebe“ für meinen Hund tue,
ihm Dinge erlaube die ich in Wirklichkeit lieber nicht möchte, wenn ich
das nächste Mal einfach wegschaue weil er jeden der
vorbei geht anknurrt, wenn er zum hundertsten Mal nicht kommt wenn
ich ihn rufe, dann müsste mir klar sein, dass das mit Liebe nichts zu
tun hat. Liebe ist ein Gefühl in meinem Herzen, in meinem
Kopf, aber niemals in den Dingen die ich für ihn tue - oder eben
nicht tue.
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